Finger weg vom Glückspiel
hat ja meine Mama immer schon gesagt. Aber ich konnte ja nicht hören und habe ohne einfach bei Herrn Paulsen mitgemacht, als er Karten für eine Masterclass verlost hat. Und was passiert? Ich gewinne tatsächlich eine Karte. Aber wofür eigentlich, da habe ich ja gar nicht so genau hingeschaut, und wo findet das überhaupt statt? Ach ja, "Das perfekte Steak", soso. Und in Frankfurt auch noch, liegt ja nicht gerade um die Ecke.
Naja, ok, dann eben nach Frankfurt, bin ja im Moment sowieso ständig unterwegs, billiges Hotel im Ostend gefunden, kein Thema. Denn dort fand die Veranstaltung statt, mitten in einem Industriegebiet, in einem Hinterhof
Vor Ort gab es dann erst mal etwas zu trinken, einen schönen 2007 Riesling Sekt vom Weingut Störrlein-Krenig, schöne Frucht und eine feine Hefenote. Dazu wurde Jamon Iberico serviert, ich meine 36 Monate gereifter, auch wenn auf der Karte etwas von 5 Jahren stand. Aber egal, er war auf jeden Fall sehr gut, wenn man ihn pur gegessen hat. Den Teighappen darunter konnte man ja getrennt essen.
Und während der Sommelier des Abends - Jan Buhrmann - brav mein Glas wieder auffüllte konnte ich mir das Publikum etwas genauer anschauen. Wie erwartet ein deutlicher Männerüberschuss und die meisten auch durchaus besser situiert. Zum Glück aber keine reine Testosteronveranstaltung und wie sich im Verlauf des Abends herausstellte, viele wirklich Interessierte, die etwas über die Produkte erfahren wollten. Und natürlich auch mein "Blind date", Arthurs Tochter, die Gewinnerin der anderen Karte war da und machte eifrig Fotos und sogar kleine Filme. Aber schaut doch selber, sie schreibt sowieso schöner ;-)
Den Abend über erzählte uns dann Wolfgang Otto so einiges über Fleisch im Allgemeinen und vor allem natürlich über die dort präsentierten Stücke, Informationen zu Rasse, Herkunft, Aufzucht, Fütterung und allem anderen, was dazu gehört. Die anwesende Küchencrew bereitete währenddessen all die schönen Sachen zu, die wir geniessen durften. Sehr erfreulich: Es wirkte absolut nicht wie eine Werbeveranstaltung, weder für die AEG-Küchengeräte noch für Otto Gourmet oder die Villa Mittermeier (deswegen muss ich das hier ja mal kurz als Danke! nachholen). Soll heissen: Natürlich wurde alles erwähnt, aber keineswegs mit Ausschließlichkeitsanspruch, sondern letztendlich als Herkunftsangabe. Sehr nett und auch sehr geschickt gemacht.
Was durften wir probieren essen?
Zuerst ein Tatar vom Wagyu-Beef mit krossen Brotchips. Sehr feiner Geschmack des Fleisches, fast etwas zu viel angemacht, aber auch nur, weil das Fleisch so viel Eigengeschmack hatte.
Dazu einen 2010 Chardonnay von Carsten Migliarina mit schön eingebundenem Holz, nicht zu fett, schön.
Danach ein wunderbares Stück vom Iberico-Schwein auf Spitzkohl, eine Schweinerasse, die deutlich länger leben darf, als die meisten armen Tiere bei uns im Norden. Und da sie nicht nur Auslauf sondern auch gutes Futter bekommen ist das Fleisch entsprechend gut marmoriert und weist dennoch Struktur auf. Die Stücke wurden zuerst im Ofen gegart und dann angebraten sowie auf Spitzkohl serviert.
Als passende Weinbegleitung diesmal eine 2007 Weißer Burgunder Spätlese trocken, wieder vom Weingut Störrlein-Krenig.
Dann aber zum Rindfleisch: Nachdem Wolfgang Otto am lebenden Exemplar demonstrierte, welche Zuschnitte beim Rindfleisch in Deutschland und den USA verwendet werden
gab es 3 verschiedene Fleischsorten zuerst in kleinen Probierportionen, damit wir Struktur und Geschmack vergleichen konnten.
Zuerst trocken gereiftes Irish Herford
dann das "normale" US-Beef von Dan Morgan
sowie das Wagyu, ebenfalls von Dan Morgan
Alle Fleischstücke perfekt gegart und wirklich, wirklich gut! Sowohl in Struktur als auch Geschmack waren die Stücke tatsächlich auch deutlich unterschiedlich, allerdings hätte ich sie gerne auch blind direkt nebeneinander probiert. So wussten wir natürlich vorher, was wir probieren und zumindest ich lasse mich dann auch durchaus beeinflussen.
Beeindruckend fand ich, wie saftig und zart das Fleisch war, ohne dass es eine zu weiche Konsistenz aufgewiesen hat.
Sehr gut dazu dann auch wieder der Wein ein 2008 Kaphase (Shiraz - Cabernet Sauvignon) von der Tauberhasen GbR.
Alle Fleischsorten gab es dann noch einmal gemeinsam auf einem Teller, es sollten ja auch alle satt werden...
Nachdem wir dann jeder über 500g gegessen hatten gab es dann zu Astrids Enttäuschung doch kein Fleisch als Dessert, sondern gebratene Ananas mit Kokosnuss-Sabayon, weißer Schokolade und Curry. Hat sich aber gelohnt, besonders die Currynote in der Sabayon war der Hammer. Und wunderbar dazu die 2006 Iphöfer Kronsberg Silvaner Beerenauslese vom Weingut Hans Wirsching.
Wichtige Frage: Braucht man das? Brauche ich so ein Fleisch? Schwierig zu sagen. Seit einiger Zeit essen wir ziemlich selten Fleisch, meist höchstens am Wochenende. Dann aber eben so gut wie es geht, was aber keineswegs bedeutet, dass es nur die edlen Stücke und das teuerste vpm teuren gibt. Sondern eher Fleisch von Tieren, die vorher ein möglichst gutes Leben gehabt haben, was sich dann eben auch deutlich in der Qualität und auch im Preis widerspiegelt. Dann kostet eben eine Beinscheibe oder die hohe Rippe vom Galloway aus der Nachbarschaft deutlich mehr, als das Steak aus dem Supermarkt. Schmeckt aber auch viel besser. Dennoch finde ich es wichtig, zu erfahren, wie gut Fleisch wirklich sein kein, wenn eben nicht auf möglichst viel Ertrag oder geringe Produktionskosten geschaut wird, sondern kompromisslos auf Qualität. Die finde ich zum Glück dann nicht nur in den USA oder in Irland sondern auch in der Region. Wenn es auch gerade für Fleisch deutlich bessere Regionen in Deutschland gibt als gerade Niedersachsen. Also, würde ich mir so ein Fleisch bestellen (mal von den finanziellen Möglichkeiten abgesehen)? Wahrscheinlich nicht. Aber Züchter und Metzger dazu bringen, dies als Maßstab zu nehmen und zu unterstützen, jederzeit.
Hat es sich gelohnt, nach Frankfurt zu fahren? Aus jeden Fall! Wegen der tollen Produkte natürlich, aber vor allem wegen der interessanten Gespräche mit allen Anwesenden, wegen der neuen Bekanntschaften, die ich vertiefen möchte. Naja, und natürlich auch wegen des Abschiedsgeschenks für jeden Gast.
Letzte Frage: Das schönste Auto bei einem Porsche-Händler? Eine Fiat Barchetta natürlich, auch im Dunkeln und schlecht fotografiert!
Noch einige Impressionen: