Die Ungeduld der Langsamen
Auch Slow Food Deutschland hat im Großen genug Arbeit mit sich selbst. Wie immer, wenn viele Menschen zusammen kommen, gibt es die verschiedensten Konflikte, über große Themen und kleine Dinge, über Wichtiges und Nichtiges. All das muss man wohl akzeptieren, nichts davon ist wirklich überraschend oder anders zu anderen Vereinen und Vereinigungen.
Wirklich rätselhaft sind da die Widersprüche im Kleinen, das Verhalten mancher Mitglieder im alltäglichen Leben und auch gerade bei den Dingen, die ihnen doch so wichtig scheinen. Da gibt es einige, für die ist Slow Food und das Convivium eher wohl eher ein Dienstleister, vielleicht eine Eventagentur, die für ein angenehmes Unterhaltungsprogramm sorgt. Für andere eine schöne Möglichkeit, mal wieder schick essen zu gehen oder einen Tipp für ein neues Restaurant zu bekommen. Alles ok so weit, kann man ja machen, allerdings wünschte ich mir, das auch mal etwas zurück kommt.
Was ich aber weder verstehen kann noch will, was ich auch nicht akzeptieren will, ist die Ignoranz und die Mißachtung der grundlegenden Prinzipien unserer Bewegung. Natürlich gibt es auch bei uns genügen Sparbrötchen, die alles möglichst billig haben wollen (und nein, am Geld mangelt es denselben nicht, wie man an Kleidung, Schmuck, Autos... sehen kann). Aber selbstverständlich wird dann über die Discounter gemeckert und wie kann man nur. Und Convenience Produkte gehen ja gar nicht und wer als Gastronom mit so etwas arbeitet ist ja sowieso unten durch.
Wenn ich dann allerdings mit denselben Menschen beim Stammtisch im Restaurant sitzte, muss es auf einmal ruckzuck gehen. 20 verschiedene Gerichte à la carte muss so eine Küche mit 3-4 Arbeitskräften doch innerhalb von 20 minuten auf den Tisch bekommen, natürlich alles frisch zubereitet und bloss nicht zu teuer! Und wenn es länger dauert ist die Hölle los. Dann wird tatsächlich verlangt, das Essen dann eben nicht für alle gleichzeitig zu servieren, damit das eigene Essen 5 Minuten eher auf dem Tisch steht...
Da fordert Slow Food seit Beginn eine Besinnung auf Langsamkeit beim Essen, legt einen Hauptaugenmerk auf gemeinsame Mahlzeiten, auf das Erlebnis des Genießens und einige(!) der eigenen Mitglieder führen das innerhalb kürzester Zeit ad absurdum.
Ich kann da allen Ungeduldigen wirklich nur empfehlen, mal einen Gang zurück zu schalten, die Hektik beiseite zu schieben und nicht ungeduldig aufs Essen zu warten, sondern auch mal das Ambiente zu geniessen. Unterhaltet euch doch mal mit eurem Tischnachbarn oder dem Gegenüber, sucht positive Gesprächsthemen und meckert nicht wegen jeder Kleinigkeit. Zeigt auch dem Personal gegenüber ein wenig Respekt, seid ein bisschen aufmerksam, wenn ihr von ihm angesprochen werdet. Und auf einmal wartet ihr nicht "endlos lange" auf euer Essen, sondern ihr habt einen langen, unterhaltsamen Abend, ganz so, wie ihr es im Urlaub angeblich immer so toll findet. Macht doch viel mehr Spaß. Und ist so viel mehr Slow Food als der Mitgliedsausweis. Nur dann ist ein monatlicher Stammtisch ein freudiges Ereignis und keine lästige Pflicht.
Übrigens: Nicht umsonst nennen viele Convivien ihren Stammtisch lieber Schneckentisch oder Tafelrunde, es ist eben ein freudiges Treffen verantwortungsbewusster Geniesser. Im Idealfall zumindest.